Ausrede von gestern:
Allergie gegen Hausstaub

Hausstauballergie – Ursachen, Symptome und moderne Behandlungsmöglichkeiten

Ein morgendliches Niesen, juckende Augen oder eine dauerhaft verstopfte Nase – viele Menschen kennen diese Symptome und nehmen sie zunächst als banale Erkältungsanzeichen wahr. Doch wenn die Beschwerden nicht verschwinden, sondern dauerhaft bestehen, kann eine Hausstauballergie dahinterstecken. In Deutschland leiden rund 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung an dieser Form der Allergie – Tendenz steigend¹. Sie kann die Lebensqualität erheblich einschränken, Schlafprobleme verursachen und langfristig zu einem allergischen Asthma führen.

Was ist eine Hausstauballergie?

Die Hausstauballergie ist eine Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems auf bestimmte Proteine im Kot der Hausstaubmilbe. Diese mikroskopisch kleinen Spinnentiere leben in fast jedem Haushalt – vor allem dort, wo es warm und feucht ist: in Betten, Teppichen, Polstermöbeln oder Kuscheltieren. Ihre Ausscheidungen trocknen ein, zerfallen in feinen Staub und werden beim Atmen aufgenommen. Das Immunsystem reagiert darauf mit einer Abwehrreaktion, als handle es sich um einen gefährlichen Krankheitserreger².

Die häufigsten Auslöser sind die Eiweißstoffe Der p1 und Der f1, die bei Hausstaubmilben der Arten Dermatophagoides pteronyssinus und Dermatophagoides farinae vorkommen³. Bei sensibilisierten Personen führt schon eine geringe Allergenmenge zu typischen Beschwerden.

Ursachen und Risikofaktoren

Warum manche Menschen eine Hausstauballergie entwickeln, während andere lebenslang beschwerdefrei bleiben, ist noch nicht vollständig geklärt. Fachleute gehen von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus.

Genetische Veranlagung
Allergien treten familiär gehäuft auf. Ist ein Elternteil betroffen, liegt das Risiko für Kinder bei etwa 30 Prozent. Sind beide Eltern betroffen, steigt das Risiko auf 60 bis 80 Prozent⁴.

Umweltfaktoren
Die sogenannte Hygienehypothese besagt, dass eine zu „sterile“ Umgebung in der Kindheit die Entwicklung des Immunsystems beeinträchtigen kann⁵. Kinder, die auf Bauernhöfen oder mit Geschwistern aufwachsen, haben laut Studien ein geringeres Allergierisiko.

Frühkindliche Exposition
Ein früher Kontakt mit Allergenen – etwa durch langes Stillen, frühe Haustierhaltung oder Tabakrauch – kann das Risiko beeinflussen. Auch häufige Atemwegsinfekte in den ersten Lebensjahren spielen möglicherweise eine Rolle⁴.

Symptome einer Hausstauballergie

Die Symptome betreffen vor allem die oberen Atemwege, können sich aber auch auf die Augen, die Haut oder die Bronchien ausweiten. Da Hausstaubmilben ganzjährig vorkommen, sind die Beschwerden ebenfalls nicht saisonal beschränkt⁶.

Typische Symptome:

  • Häufiges Niesen, besonders morgens
  • Chronisch verstopfte oder laufende Nase
  • Juckende, gerötete oder tränende Augen
  • Trockener Reizhusten, besonders nachts
  • Schlafstörungen durch Atemprobleme
  • Erhöhte Tagesmüdigkeit
  • Hautreizungen oder Ekzeme

Bei manchen Betroffenen entwickelt sich im Verlauf ein sogenannter „Etagenwechsel“, bei dem die Symptome von den oberen auf die unteren Atemwege übergehen und ein allergisches Asthma entsteht⁷.

Verlauf und Komplikationen

Unbehandelt kann eine Hausstauballergie chronisch werden. Die ständige Entzündung der Nasenschleimhaut kann zu Polypen führen, die Atmung erschweren. Die Allergie kann außerdem Asthma bronchiale begünstigen, das sich durch pfeifende Atmung, Atemnot und anhaltenden Husten äußert. Je früher die Allergie erkannt und behandelt wird, desto besser lässt sich dieser Verlauf aufhalten⁸.

Diagnostik – So wird eine Hausstauballergie festgestellt

Bei Verdacht auf eine Hausstauballergie sollte ein Facharzt oder eine Fachärztin für HNO-Heilkunde, Pneumologie oder Allergologie aufgesucht werden. Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:

1. Anamnese
Im Gespräch werden typische Symptome, deren zeitlicher Verlauf sowie familiäre Vorbelastungen abgefragt. Auch die Wohn- und Lebenssituation kann wichtige Hinweise liefern.

2. Hauttest (Prick-Test)
Dabei wird das Allergen in stark verdünnter Form auf die Haut aufgetragen. Bei einer Reaktion – z.  B. Rötung oder Quaddelbildung – ist eine Sensibilisierung wahrscheinlich⁹.

3. Blutuntersuchung
Der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper gegen Hausstaubmilbenallergene im Blut liefert zusätzliche Sicherheit.

4. Provokationstest
In spezialisierten Zentren kann die Nase gezielt mit dem Allergen konfrontiert werden, um eine Reaktion unter kontrollierten Bedingungen zu beobachten⁹.

Behandlung –
Was hilft bei Hausstauballergie?

Die Behandlung ruht auf drei Säulen: Allergenvermeidung, medikamentöse Therapie und spezifische Immuntherapie.

1. Allergenvermeidung im Alltag
Ziel ist es, die Konzentration der Allergene im Wohnumfeld zu reduzieren. Diese Maßnahmen sind besonders wichtig für Betroffene mit milden bis moderaten Symptomen.

Bewährte Maßnahmen:

  • Matratzen, Decken und Kissen mit milbendichten Bezügen („Encasings“) versehen
  • Bettwäsche mindestens alle 2 Wochen bei 60 °C waschen
  • Teppiche und Polstermöbel vermeiden oder regelmäßig gründlich reinigen
  • Kuscheltiere regelmäßig waschen oder für 24 Stunden ins Gefrierfach legen
  • Luftfeuchtigkeit unter 50 Prozent halten (z.  B. durch Lüften, Luftentfeuchter)¹⁰
  • Verwendung von Staubsaugern mit HEPA-FilterGlatte Bodenbeläge statt TeppichKeine offenen Bücherregale oder Vorhänge im Schlafzimmer

2. Medikamentöse Behandlung
Zur Linderung der Symptome stehen verschiedene Arzneimittel zur Verfügung. Sie behandeln die Beschwerden, ohne die Ursache – also die Allergie selbst – zu beseitigen.

Arzneimittelgruppen:

  • Antihistaminika: Blockieren die Wirkung des Histamins, das für viele Symptome verantwortlich ist.
  • Kortikosteroide (lokal): Entzündungshemmend, meist als Nasenspray angewendet.
  • Leukotrienrezeptor-Antagonisten: Wirken entzündungshemmend, insbesondere bei Beteiligung der unteren Atemwege¹¹.

3. Spezifische Immuntherapie (SIT)
Diese Therapie zielt darauf ab, das Immunsystem langfristig an das Allergen zu gewöhnen. Sie ist die einzige ursächliche Behandlungsform der Hausstauballergie¹².

Zwei Anwendungsformen:

  • Subkutane Immuntherapie (SCIT): Regelmäßige Injektionen unter die Haut über mehrere Jahre.
  • Sublinguale Immuntherapie (SLIT): Tägliche Einnahme von Tabletten oder Tropfen unter die Zunge.

Die Immuntherapie kann die Beschwerden deutlich reduzieren und dem Fortschreiten der Allergie entgegenwirken¹³.

Hausstauballergie bei Kindern

Bei Kindern ist die frühzeitige Erkennung besonders wichtig, um einer chronischen Belastung und einem möglichen Etagenwechsel vorzubeugen. Auch hier gilt: Allergenvermeidung und eine individuell abgestimmte Therapie können die Lebensqualität deutlich verbessern. Eine Immuntherapie ist ab dem Vorschulalter möglich und wird bei stark ausgeprägten Beschwerden empfohlen¹⁴.

Alltagstipps bei Hausstauballergie

Alltagssituation

Empfehlung

• Schlafzimmer

Encasings, kein Teppich, regelmäßig lüften

• Kinderzimmer

Kuscheltiere einfrieren oder waschen

• Staubsaugen

HEPA-Filter verwenden, 2–3 x pro Woche

• Reisen

Eigenes Kopfkissen,
allergenfreies Hotelzimmer anfragen

• Haustiere

Keine Tiere im Schlafzimmer

• Kleidung

Jacken nicht im Schlafzimmer aufbewahren

Prognose und Langzeitverlauf

Bei konsequenter Behandlung und Reduktion der Allergenexposition lässt sich die Hausstauballergie gut kontrollieren. Die spezifische Immuntherapie bietet die Chance, langfristig beschwerdefrei zu werden oder zumindest die Symptome deutlich zu reduzieren¹². Ohne Behandlung besteht das Risiko, dass sich die Beschwerden verschlimmern oder ein allergisches Asthma entsteht⁷.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Fazit

Die Hausstauballergie ist eine weit verbreitete Erkrankung mit hoher Alltagsrelevanz. Sie belastet die Atemwege, den Schlaf und das allgemeine Wohlbefinden. Die gute Nachricht: Mit einem strukturierten Vorgehen – bestehend aus Diagnostik, Allergenvermeidung, medikamentöser Therapie und ggf. spezifischer Immuntherapie – lassen sich die Beschwerden in den meisten Fällen deutlich reduzieren. Entscheidend ist eine frühzeitige Diagnose und die kontinuierliche Umsetzung individueller Maßnahmen im Alltag.

Quellen

  1. Robert Koch-Institut. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, 2021.
  2. Akdis, C. A. et al. Nature Reviews Immunology, 2020; 20(4): 217–230.
  3. Platts-Mills, T. A. E. J Allergy Clin Immunol, 1997; 99(5): S104–S109.
  4. Bergmann, K. C. et al. Dtsch Arztebl, 2008; 105(39): 684–692.
  5. Strachan, D. P. BMJ, 1989; 299(6710): 1259–1260.
  6. Schäfer, T. et al. Allergy, 2001; 56(10): 932–940.
  7. Bousquet, J. et al. Allergy, 2008; 63(Suppl 86): 8–160.
  8. Zuberbier, T. et al. Allergy, 2006; 61(8): 1007–1016.
  9. Kleine-Tebbe, J., Jakob, T. Allergologie, Springer, 2016.
  10. Arlian, L. G. et al. J Allergy Clin Immunol, 2001; 107(1): 99–104.
  11. Canonica, G. W. et al. Allergy, 2007; 62(8): 785–794.
  12. Durham, S. R. et al. J Allergy Clin Immunol, 2012; 129(3): 717–725.
  13. Calderón, M. A. et al. Cochrane Database Syst Rev, 2011; 12: CD005422.
  14. Wahn, U., Klimek, L. Pädiatrische Allergologie, Springer, 2019.
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